Kurzbesuch in Moskau

Vergangene Woche war ich zusammen mit ein paar Kollegen für einen Besuch der Lomonosov Moscow State University nach Moskau gereist. Ziel der Reise war, mit den Geologen dort eine engere Zusammenarbeit zu vereinbaren. Einer der Geologieprofessoren der Uni Stavanger arbeitet bereits in einem größeren Forschungsprojekt mit den Moskauern zusammen; ausgehend von diesem Projekt soll die Zusammenarbeit erweitert werden.

Für mich war es der erste Besuch in Russland bzw. Moskau, und ich muss sagen, dass ich die Stadt sehr beeindruckend fand. Moskau ist mit seinen rund 12 Millionen Einwohnern Europas größte Stadt, und das sieht man auch: Hochhäuser überall (zumindest in den Ecken, die ich gesehen habe). Durch die Stadt führen breite Straßen, mindestens dreispurig je Richtung, in denen mit zum Teil extrem teuren Autos schnell gefahren wird, eigentlich stets so schnell wie es geht. Ich habe schon ein paar europäische Großstädte gesehen — zuletzt waren wir ja gerade in London. Aber gegenüber Moskau mutet London eher provinziell an.

Die Universität selbst ist in einem unter Stalin von 1949-1953 erbauten imposanten Gebäude untergebracht, das zu den sogenannten Sieben Schwestern gehört: Sechs weitere Gebäude mit ähnlicher Architektur sind über das zentrale Stadtgebiet Moskaus verteilt. Das Universitätsgebäude ist insgesamt 240 m hoch — damit überragt es den Bremer Fernsehturm noch um fünf Meter. Bis 1985 war es das höchste Gebäude außerhalb Nordamerikas. Der Eingangsbereich sowie Gemeinschaftsareale wie Aula und dergleichen sind prunkvoll mit Marmor verkleidet.

Aber: In den Büros und in vielen Laboren steht noch das originale Mobiliar. Gerade viele Labore sahen nicht mehr zeitgemäß aus. Auch auf meinem Fachgebiet, der IT-Ausstattung, sieht es, verglichen mit Stavanger, recht mau aus: die Studenten in Moskau müssen sich mit deutlich weniger IT-Ressourcen zufrieden geben. Andererseits gibt es aber für die rund 40.000 Studenten der Universität 20.000 Wohnheimplätze.

Wie es mit dem russischem Bier aussieht, konnte ich leider nicht tiefgreifend auskundschaften. Außer langweiligem Baltika #7 habe ich nichts Russisches gefunden (allerdings hatte ich auch keine Gelegenheit, groß auf die Suche zu gehen). In Kneipen und Restaurants scheint man eher auf tschechische und deutsche Braukunst zu vertrauen. Und ja, an einem Abend musste ich mich sogar mit Heineken begnügen.

Ostern

Vollkommen überraschend für uns kamen mal wieder die Osterfeiertage. Die ziehen sich in Norwegen besonders in die Länge, da Gründonnerstag ebenfalls ein Feiertag ist. Hinzu kommt, dass unsere Arbeitgeber uns ein paar freie Tage extra im Jahr spendieren, bei Tania ist das u.a. immer der Mittwoch vor Ostern. Ich musste da immerhin bis mittags malochen. Na gut, hab‘ dann kurzfristig freigenommen. Der Norweger an sich ist da irgendwie cleverer als wir und nimmt den Montag und Dienstag vor Ostern auch noch frei, um so auf zehn zusammenhängende freie Tage zu kommen. Trotz langjährigen Aufenthalts in Norwegen haben wir das irgendwie noch nicht so richtig verinnerlicht…

Da nun Ostern so prompt vor der Tür stand, fragten wir uns, wohin mit der ganzen freien Zeit. Eine Weile lang stand es unentschieden zwischen Bierbrauen und Hausrenovieren, so dass wir uns schließlich für einen Kurzurlaub in Berlin entschieden. Ich selbst war 1986 zuletzt da, und man munkelt, dass sich seitdem so einiges dort geändert haben soll. Am Ende reisten wir dann am Mittwochabend nach London, weil das Gesamtpaket Flüge/Hotel/Flugzeiten günstiger für uns war.

Scheinbar waren wir nicht die einzigen aus Stavanger, die es in die britische Hauptstadt zog. Bereits am Flughafen in London trafen wir auf einen Bekannten aus dem Cardinal. Ein paar Tage später trafen wir in einem Pub auf einen Brauer aus der Umgebung, den wir bis dahin (fast) nur von Facebook kannten — wir hatten bei ihm mal ein paar leere Bierfässer gekauft. Tja, so klein ist die Welt!

In London bewohnten wir ein kleines Hotel unweit des Victoria-Bahnhofs: Das Zimmer war sehr klein, das Bett weich, der Teppich etwas schmutzig, das Frühstück ein Witz, aber für vier Tage bzw. Nächte hielten wir es aus. Bei gutem Wetter erkundeten wir die Stadt — schon lange waren wir nicht mehr so viel zu Fuß unterwegs! Na ja, irgendwie mussten wir schließlich die Zeit überbrücken, bis die Pubs öffneten, und das war nicht vor elf Uhr!

Apropos Pubs — sorgfältig hatten wir uns auf unsere Reise vorbereitet und im Internet nach den besten Pubs mit der besten Bierauswahl gesucht und die Adressen auf den Stadtplan im Handy übertragen. Und ja, es waren einige Highlights dabei, auch wenn wir zum Schluss froh waren, wieder gut gekühltes Bier mit für uns normalem CO2-Gehalt zu trinken!

Teambuilding [Update]

Auf dem Weg nach Ullensvang zum IRIS-Energie-Teambuildingseminar: Bilderbuchnorwegen.

Bilderbuchnorwegen: Auf dem Weg nach Ullensvang

Bilderbuchnorwegen: Auf dem Weg nach Ullensvang

[Update]
Eigentlich ja ein wirklich schlechtes Timing, aber ausgerechnet auf dem Teambuildingseminar musste ich dann auch die Bombe platzen lassen, dass ich meinen Arbeitsvertrag mit IRIS auflösen werde. Meine direkte Vorgesetzte konnte ich immer noch nicht erreichen (sie ist privat im Moment sehr eingespannt), aber ich habe jemandem aus der Geschäftsleitung meinen Entschluss mitgeteilt. Es gab da ziemlich entsetzte Blicke, da nun nur noch eine einzige Geologin bei IRIS übrig ist – und die arbeitet im Umweltbereich.

Meine Kollegen waren auch geschockt; einige dachten sicher an ihre Projekte, in denen meine Arbeit eine Rolle hätte spielen sollen, aber die meisten waren einfach traurig. Ich hätte nie gedacht, dass ich so viele feuchte Augen sehen würde.

Aber ich bin ja nicht aus der Welt. Im Spätsommer fange ich als Geologin in der norwegischen Erdöldirektion (NPD) an. Das Gebäude ist direkt gegenüber von IRIS – meine Kollegen werden sich also weiterhin an dem heranbrausenden Tandem erfreuen können.

Die auf Kreide starren

Gestern wurde in der Universität groß gefeiert. Grund dafür war die offizielle Eröffnung des Forschungszentrums „National IOR Centre of Norway”, das die Uni Stavanger zusammen mit den Forschungsinstituten IRIS und Ife vom norwegischen Forschungsrat zugeteilt bekommen hat. Die Zuteilung geschah bereits im August, aber jetzt geht es richtig los.

Gestern Vormittag gab es dazu viele tolle Reden, u.a. vom norwegischen Ölminister, der Bürgermeisterin, der Uni-Rektorin und vielen anderen mehr oder weniger wichtigen Menschen die mehr oder weniger etwas mit dem neuen Forschungszentrum zu tun haben. Nachmittags kamen auch ein paar Wissenschaftler zu Wort.

Abends waren alle eingeladen zu einem feierlichen Abendessen im Bankettsaal des hiesigen Viktoria-Hotels. Wie zu solchen Anlässen üblich gab es leckeres Essen in übersichtlichen Portionen. Abschließend endeten viele im Cardinal — wo auch sonst 😉

Worum geht es bei dem Forschungszentrum? Um Öl und Gas natürlich. IOR steht für Increased Oil Recovery, wörtlich übersetzt erhöhte Ölgewinnung. Dahinter steht der Wunsch, die bestehenden Ölquellen besser auszubeuten. Mit heutigen Technologien kann man nur rund 50 % des im Reservoir vorhandenen Erdöls fördern. Schafft man es, diesen Anteil nur um 1 % zu erhöhen, entspricht dies einem Gegenwert von 300 Milliarden Kronen, und die Knete hätte man natürlich gerne! Ich denke dabei eigentlich nur an meine Rente.

Im folgenden Video gibt es ein paar mehr Informationen, allerdings auf norwegisch und englisch. Ich habe mit dem Forschungszentrum eigentlich nichts zu tun, durfte aber zusammen mit einer Kollegin und Tania ein bisschen auf Kreide starren.

Carl Espen nach Kopenhagen [Update]

[Update]
Uns ist zu Ohren gekommen, dass das Video von Carl Espen in Deutschland nicht abgespielt werden kann. Tja, Youtube und die Gema… Wir haben noch ein paar andere Videos gefunden und hier verlinkt, vielleicht laufen die ja (s.u.).

Gestern Abend entschieden die norwegischen Fernsehzuschauer über den norwegischen Beitrag zum Eurovision Song Contest. Das Rennen machte Carl Espen aus Bergen; sein Titel, die Ballade Silent Storm, gewann das Finale des Melodi Grand Prix und wird somit Norwegen beim diesjährigen Eurovision Song Contest in Kopenhagen vertreten.

Bereits das vergangene Wochenende stand ganz im Zeichen des Melodi Grand Prix‘; an drei Tagen wurden in Vorentscheiden die neun Finalisten ermittelt. Ui, da waren aber wieder einige Nullnummern dabei! Qualität setze sich am Ende aber durch, so dass wir gestern wieder ein breites musikalisches Spektrum geboten bekamen: Mit Rock, R&B, Country, Pop und guter alter Schunkelmusik waren beliebte ESC-Genres vertreten.

Ähnlich wie bei der Entscheidung über den deutschen ESC-Teilnehmer schaffte es ein Newcomer, das Ticket nach Kopenhagen zu lösen: Carl Espen hatte vor seiner Teilnahme beim Melodi Grand Prix noch nie zuvor auf einer Bühne gestanden. Das merkte man aber auch — wir wollen mal hoffen, dass er bis zum ESC-Finale etwas routinierter wird und noch ein bisschen Gesangsunterricht bekommt 😉

Aus lauter Neugierde über die deutschen Finalisten haben wir uns dann noch die Aufzeichnung das deutschen ESC-Finales angesehen. Auha, da war aber auch allerhand Mist dabei! Erstaunt waren wir dann doch über das gute Abschneiden von Unheilig — die Band war uns bis gestern komplett unbekannt. Wir dachten immer, dass seit Guildo Horn der deutsche Schlager ESC-mäßig tot sei, aber da haben wir uns wohl getäuscht! Zum Glück ist ja noch mal alles gut gegangen, da sich Elaiza am Ende durchsetzen konnte.

Aber hier ist nun erst einmal unser Carl Espen (Aufzeichnung aus dem Vorentscheid):

Und hier ist die Aufzeichnung aus dem Finale:

Und das Musik-Video von eurovision.tv:

Erstes Draußenbier

Na dann Prost: Das erste Draußenbier 2014

Na dann Prost: Das erste Draußenbier 2014

Am Dienstag war es soweit: Wir konnten das erste „Draußenbier” des Jahres auf unserer Terrasse genießen! Gerade von der Arbeit nach Hause gekommen erhaschten wir bei milden sieben Grad die letzten Sonnenstrahlen — es reichte gerade noch für ein kleines Bier.

Nun hat es angefangen zu regnen, und so wird es wohl die nächsten Tage bleiben, aber ein Anfang ist gemacht 😉

Windig? Täglich kulinarisch, nützlich angeschlossen!

Windig, Täglich und Kulinarisch: Neue Küchengeräte

Windig, Täglich und Kulinarisch: Neue Küchengeräte

Zugegeben, die Überschrift dieses Beitrages klingt zunächst nicht sehr einleuchtend. Wer sich aber ein wenig mit den Produktnamen eines bekannten schwedischen Möbelhauses auskennt, der weiß jetzt Bescheid: Wir haben uns neue Weißgeräte für die Küche gekauft, nämlich den Ofen Kulinarisk, das Kochfeld Daglig und die Dunstabzugshaube Vindig. Ofen und Kochfeld wurden mit je einem Kabel Nyttig angeschlossen.

Waren denn die neuen Geräte nötig? Ja. Eine Kochzone unseres alten Kochfeldes lief nur noch auf höchster Stufe, und seit kurzem heizte der Ofen nicht mehr, wenn die Umluftfunktion ausgewählt wurde. Abgesehen davon waren Ofen und Dunstabzugshaube abgrundtief hässlich.

Kleiner Kollateralschaden: Da die neue Dunstabzugshaube wesentlich kleiner ist als die alte, mussten wir die Wand oberhalb des Kochfeldes streichen. Leider ist die Farbe links und rechts davon bereits so verblichen (wie auf dem Foto gut zu sehen ist), dass wir die Wände komplett neu bepinseln müssen. Na ja, wie ich uns kenne, wird wohl die ganze Küche neu gemalt.

Frühling?

Es sieht so aus, als sei der Winter vorbei, soweit man denn von Winter sprechen kann: Während der Monate Dezember, Januar und Februar gab es ganze drei Tage, an denen die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt lagen. Im Februar war es dank südlicher Winde sehr mild mit Temperaturen bis 11,7 °C — dementsprechend sieht es im Garten aus: Unsere Hecke wird langsam grün, sämtliche Pflanzen treiben aus. Wir können uns nicht daran erinnern, in Norwegen einen derart frühen Frühlingseinbruch erlebt zu haben!

Zum Glück sind wir gut darauf vorbereitet: Während der vergangenen Wochen haben wir u.a. drei helle Sommerbiere gebraut, ein belgisches Wit, ein Weizen und gestern gerade ein belgisches Blonde.

Hoch die Tassen: Tanias Kollegen

Hoch die Tassen: Tanias Kollegen

Apropos Bier: Letzte Woche fielen wieder 15 durstige Kollegen von Tania zum lønningspils bei uns ein. Lønningspils, wörtlich übersetzt „Gehaltspils”, ist das monatlich wiederkehrende Ritual, sich mit Kollegen darüber zu freuen, dass man wieder Gehalt bekommen hat. Normalerweise freut man sich natürlich in Kneipen, aber Tanias Kollegen kommen 1-2 Mal im Jahr auch gerne bei uns vorbei. Das Bier ist gut, billig, und es gibt keine Sperrstunde 😉 Nachdem der letzte Gast am Sonnabendmorgen gegangen war, genehmigten wir uns noch ein letztes Bier und legten uns um halb sieben schlafen… Dabei waren wir eigentlich gar nicht so glücklich darüber, schon am vergangenen Wochenende Biertrinker im Haus zu haben, weil wir nicht so ganz zufrieden mit der Qualität unserer Biere waren. Diese Ansicht teilten Tanias Kollegen offensichtlich nicht — vielleicht sind wir einfach nur „Bier-Snobs”.

Auf in das Land, wo Milch und Honig fließen?

Weser-Kurier - Ruhestörung

Weser-Kurier – Ruhestörung

Aus Bremen erreichte uns dieser Tage ein kleiner Artikel aus der Reihe „Ruhestörung” des Weser-Kuriers, in dem es um die Finanznot Bremens und den fast unermesslichen Reichtum Norwegens ging. In Anbetracht der finanziellen Herausforderungen und den daraus resultierenden Folgen — z.B. Schließung des Unibades — wird in dem Artikel vorgeschlagen, Bremen möge sich doch aus der Bundesrepublik herauslösen und dem Königreich Norwegen anschließen. Die rund 20 Milliarden Euro Schulden, die Bremen bisher angehäuft hat, ließen sich ja bequem mit Mitteln aus dem norwegischen Finanzfond, dessen Größe zur Zeit bei rund 606 Milliarden Euro liegt, begleichen, und alles ist wieder gut!

Diesen Vorschlag können wir natürlich nicht unkommentiert lassen.

Zunächst einmal: Den norwegischen Kommunen geht es finanziell auch nicht gerade gut. Vergangene Woche beispielsweise konnten wir im Stavanger Aftenblad lesen, wie verheerend die Zustände an einer Schule in Sandnes, Stavangers Nachbarstadt, sind: Dort fallen in Umkleideräumen die Kacheln von der Wand, Schimmel bildet sich an den Wänden usw. — Folgen fehlender Instandhaltung. Andererseits: Wenn ich mir die Straßen in Stavanger ansehe, dann sind die schon in sehr gutem Zustand, ganz anders als so mache Straße in Bremen, die ohne weitere Änderungen Mercedes als Teststrecke für zukünftige Geländewagen dienen könnte.

Die Wümme - bald EU-Außengrenze?

Die Wümme – bald EU-Außengrenze?

Gut, dann spinnen wir den Gedanken doch mal weiter — was wäre, wenn Bremen wirklich norwegisch würde? Was hätte das für konkrete Folgen für die Bevölkerung, mal abgesehen vom Schuldenerlass?

Fangen wir mit den positiven Dingen an. Als Teilnehmer der norwegischen Eliteserie würde Werder endlich wieder international spielen! Als sicherer norwegischer Meister muss die Mannschaft allerdings erst durch ein paar Qualifikationsrunden, um sich für die Champions League zu qualifizieren, aber falls das nicht klappt, winkt immerhin die Europa-League, das ist doch schon mal was. Mit seinen 550.000 Einwohnern wäre Bremen ganz klar die zweitgrößte Stadt des Landes, knapp hinter der Hauptstadt Oslo (632.000). Damit hätte man bevölkerungsmäßig Hamburg endlich überholt, das ja nur mit einem ziemlichen Abstand auf Berlin zweitgrößte Stadt ist. Täte man sich wie einst zu Zeiten der Hanse mit Bergen zusammen, würde die Region Bremen-Bergen ein willkommenes Gegengewicht zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Übermacht der Osloregion in Norwegen bilden. Und noch etwas: Die Rest-Bundesrepublik würde sicherlich darauf bestehen, Bremerhaven aus wirtschaftlich-strategischen Gründen zu behalten (und es sogleich in Wesermünde umzubenennen). Damit wäre Bremen die undankbaren und widerborstigen Brüder im Norden auch los. Mit Einführung des norwegischen Systems bei Steuern und Sozialabgaben dürften die meisten Menschen in Bremen „mehr Netto von Brutto” haben — wer hätte gedacht, dass der Wunschtraum einer wirtschaftsliberalistischen Splittergruppe durch die sozialdemokratisch geprägte Politik Skandinaviens in Erfüllung ginge? Ja, das Ganze klingt wirklich nicht so schlecht!

Kristiansand - Bald Nachbarn Bremens?

Bald Nachbarn Bremens? Straßenzug in Kristiansand

Aber es gibt auch ein paar Schattenseiten. Nehmen wir einmal den Gesundheitssektor. Grundsätzlich gilt: Die Kosten, die für die Behandlung bei Ärzten und in Krankenhäusern anfallen, übernimmt der Staat. Nur, irgendjemand hat sich einfallen lassen, dass beispielsweise die Zähne nicht zum Körper gehören. Wie anders ist zu erklären, dass zahnärztliche Behandlungen komplett selbst zu bezahlen sind? Ähnliches gilt bei Sehhilfen, auch die finanziert der Norweger aus eigener Tasche. Hat man eine Krankheit, die zwar nicht lebensbedrohlich ist, aber dennoch eine Behandlung bei einem Spezialisten erfordert, wird man in der Regel ins nächste Krankenhaus überwiesen. Für die meisten Spezialisten gibt es lange Wartezeiten; so kann es schon mal ein paar Wochen dauern, ehe man einen Behandlungstermin bekommt. Ergo: Wer es sich leisten kann, geht eben in die Privatklinik. Abgesehen davon gibt es eine Gebühr, die bei jedem Besuch der öffentlichen Ärzte und Krankenhäuser fällig wird — z.Zt. liegt diese bei ca. 16 Euro (bei einer jährlichen Obergrenze von ca. 130 Euro).

In Norwegen arbeitet man bis zum Erreichen des 70. Lebensjahres. Es mehren sich aber die Stimmen, die „mehr Flexibilität” fordern, inzwischen steht des Öfteren die Zahl 75 im Raum. Dabei muss man bedenken: In Norwegen herrscht im Prinzip Arbeitskräftemangel; die Arbeitslosigkeit liegt bei 3,3 %. Insofern ist es sinnvoll — zumindest in Branchen mit akutem Mangel an Arbeitskräften — die Arbeitnehmer so lange wie möglich am Arbeitsplatz zu halten.

Kohlfahrt - in Zukunft alkoholfrei?

Kohlfahrt – in Zukunft alkoholfrei?

Teurer wird es auch für Autofahrer. Jeder, der schon einmal in Norwegen war, kennt die vielen Strecken, für die Mautgebühren fällig sind. Jede Stadt, die etwas auf sich hält, hat einen Mautring, d.h. jede Fahrt in die Stadt kostet Geld. Da sich Bremen locker mit Oslo messen kann (s.o.), würden für Bremen (wie in der Hauptstadt) gleich zwei Mautringe in Frage kommen. Ein äußerer Ring würde an der Landesgrenze, gleich hinter den Zollstationen, beginnen, so dass alle Autos, die auf der A1 (die dann übrigens E37 heißt) und der E234 (ehemals A27) Bremer Gebiet passieren, mit € 3,50 zur Kasse gebeten würden. Gleiches gilt natürlich für alle anderen Straßen, die von Niedersachsen nach Norwegen führen. Ein zweiter Mautring (wieder € 3,50) würde das allerinnerste Zentrum umschließen. Geschickterweise legt man den so, dass die meisten Pendler davon betroffen sind, d.h. von Sebaldsbrück im Osten (Mercedes!) bis nach Gröpelingen im Westen (Häfen, Stahlwerke!). Für Bremen-Nord findet sich sicherlich auch noch eine Lösung. Für aufwändige Straßenprojekte bezahlt man natürlich extra, z.B. für den Wesertunnel. Die Gebühren richten sich dann nach den Baukosten, dem voraussichtlichen Verkehrsaufkommen und der geplanten Abtragszeit.

Müssen wir noch über Alkohol reden? Klar, schließlich müssen die Bremer wissen, woran sie sind, wenn sie irgendwann in der Zukunft über den Beitritt zum Königreich abstimmen müssen.

Zwei Halbe? Macht zwanzig Euro!

Zwei Halbe? Macht zwanzig Euro!

Die Preise werden stark ansteigen — zehn Euro für einen halben Liter Pils in der Gastronomie sind normal. Wein und Spirituosen wird es nur in den Monopolläden geben, die Flasche Wein ab zehn Euro, Schnaps ab ca. € 40. Hinzu kommt: Das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit ist verboten! Also Schluss mit lustig, z.B. auf dem Freimarkt oder gar auf Kohl- und Pinkelfahrten. Wer erwischt wird, zahlt ca. 120 Euro in die Staatskasse.

Und wo wir geraden bei den LUSTigen Dingen des Lebens sind: Der Erwerb sexueller Dienstleistungen ist verboten, die Helenenstraße wird umgewidmet zu einem Seniorenwohnpark.

Und es kommt noch schlimmer: Die reichen Volksgenossen aus dem Norden würden sich die relativ günstigen Immobilien in Bremen unter den Nagel reißen, was zu einem weiteren Preisanstieg auf dem Wohnungsmarkt führte. Und damit Bremen nicht zu mächtig wird, würde in Oslo vermutlich entschieden werden, Bremen wegen der räumlichen Nähe zu Norwegens Südwesten der Provinz Vest-Agder zuzuschlagen; verwaltet würde die einstmals stolze und freie Hansestadt von Kristiansand (86.000 Einwohner) aus.

Aber so weit muss es ja nicht kommen. Vermutlich wird Bremen eine Art norwegische Freihandelszone. Löhne und Preise sind in Bremen viel niedriger als im übrigen Norwegen, so dass sich das rechnen könnte. Mit dem norwegischen Lohnniveau müssten sowieso sämtliche exportorientierten Industriebetriebe schließen, da sie — wie übrigens die meisten norwegischen Industrieunternehmen — international nicht mehr konkurrenzfähig wären.

Aber, was wäre die Folge? An jedem Wochenende würde Ryanair Horden norwegischer Möchtegernwikinger nach Bremen bringen, die dort ordentlich die Sau raus lassen und sich die Kante geben.

Bremen wäre dann wohl eine Mischung aus ein bisschen Las Vegas … und ganz viel „Fuselfelsen”!