Alles halb so schlimm?

Seit rund vier Wochen geht es in Norwegen schrittweise in Richtung Normalzustand. Wirtschaftlich geht es wieder aufwärts – die Anzahl der Arbeitslosen hat sich seit dem Höchststand im März (ca. 10 %) fast halbiert auf 5,5 %. Allerdings lag die Arbeitslosigkeit vor der Corona-Krise bei rund 3,5 % – da ist also noch etwas Luft. Der Kurs der norwegischen Krone gegenüber dem Euro hat sich ebenfalls normalisiert. Ein Euro kostet nun rund 10,80 kr, gegenüber 13 kr im März. Schulen und Universitäten haben wieder normal geöffnet, allerdings sind seit Montag Schulferien, und an den Unis ist jetzt auch nicht mehr los.

Sieht alles aus wie immer: Kvitsøyfjord
Sieht alles aus wie immer: Kvitsøyfjord

Auch bei uns persönlich geht es mehr in Richtung Normalität. Ich bin bereits seit Pfingsten wieder am Arbeitsplatz. Tania könnte auch ins Büro zurückkehren, aber sie kann ihre Arbeit genauso gut von zu Hause aus erledigen, weshalb sie noch weiter im Homeoffice bleibt.

Die Anzahl der Covid-19-Ansteckungen und -Erkrankungen ist in Norwegen und speziell in unserer Region sehr niedrig. In Stavanger selbst gibt es seit dem 12. Mai keinen registrierten Ansteckungsfall.

Starke Einschränkungen gibt es allerdings noch bei den Auslandsreisen. Im Moment ist Norwegen das „geschlossenste“ Land innerhalb von EU und EWR. Island, Finnland und Dänemark – das sind die Länder, in die wir z.Zt. reisen dürfen, ohne bei der Rückkehr nach Norwegen erst einmal für 10 Tage in Quarantäne zu müssen. Gleichermaßen besteht ein Einreiseverbot nach Norwegen für Bürger aller anderen Länder. Allerdings hat die Regierung gestern eine Lockerung bekanntgegeben: Ab dem 15. Juli dürfen wir auch in Länder reisen, die zum Schengen- oder EWR-Gebiet gehören – abgesehen von Schweden. Sollte sich die Situation in diesen Ländern in der Zukunft ändern, können die Maßnahmen allerdings wieder verschärft werden. Entsprechend verhält es sich auch bei der Einreise nach Norwegen.

Uns ist es egal – für uns steht schon lange fest, dass wir unseren Urlaub in diesem Jahr größtenteils in der Region verbringen werden.

Norwegen macht wieder auf!

Gestern hat die norwegische Regierung beschlossen, das Land nun nach und nach wieder zu öffnen. Nachdem Norwegen zu Beginn der Corona-Krise vor rund zwei Monaten relativ viele Erkrankte hatte, gehen die Zahlen der (ermittelten) Infizierten, Erkrankten und im Krankenhaus behandelten Personen nun stark zurück. Zur Zeit liegt die Anzahl der Neuinfektionen bei rund 40 pro Tag (Deutschland: ca. 1200). In Rogaland, der Provinz, zu der auch Stavanger gehört, gibt es derzeit noch zwei Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden. Vor zwei Monaten gehörte Rogaland noch zu den Corona-Hotspots im Lande.

Schon in der letzten Woche gab es Lockerungen der bisher geltenden Beschränkungen. Seit Mittwoch durften wieder Pubs und Kneipen öffnen, allerdings unter der Maßgabe, dass stets ein Abstand von 1 Meter zwischen Gästen und Angestellten zu wahren ist. Zudem müssen alle Gäste sitzen und es muss in allen Lokalitäten Essbares angeboten werden. Kurios dabei: Die Gäste müssen nicht unbedingt etwas verzehren, und Kneipen, die sonst nichts zu essen anbieten, können mit anderen Restaurants kooperieren, um so Essbares auf das Menü zu zaubern.

Bis zum 15. Juni sollen die meisten Beschränkungen aufgehoben werden, abgesehen natürlich von den „Hygieneregeln“ Hände waschen, Abstand halten, in die Ellenbeuge husten.

So sollen ab kommenden Montag wieder alle Schulen öffnen. Erlaubt sind außerdem Gruppen von bis zu 20 Personen und, ab 7. Juni, Veranstaltungen mit bis zu 200 Personen. Schwimmbäder und Fitnesscenter dürfen ab 15. Juni öffnen, und einen Tag später geht es auch endlich mit dem Fußball in Norwegens erster Liga los. Wegen der klimatischen Bedingungen verläuft die Saison von Ende März bis Ende November, d.h. in diesem Jahr wurde noch kein Spiel gespielt.

Über den Sommer bestehen bleibt allerdings die Quarantäneregelung, nach der aus dem Ausland Einreisende zunächst zehn Tage in Quarantäne müssen.

Für uns bedeuten die Lockerungen noch keine Änderung unseres Corona-Alltags, aber es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis wir unser lieb gewonnenes Homeoffice verlassen müssen 😉

Homeoffice - bald schon ohne uns?
Homeoffice – bald schon ohne uns?

Stubenhocker

Inzwischen sind wir in der fünften „Corona-Woche“, was für uns bedeutet, dass wir von zu Hause aus arbeiten. Tania hat in der Regel mehrere virtuelle Meetings täglich, die über das Internet abgehalten werden. Bei mir ist es da etwas ruhiger – die Kommunikation mit Studenten und Kollegen, die auch alle von zu Hause aus arbeiten, läuft meistens via E-Mail. Sie haben Fernzugang zu ihren Arbeitsstationen in Büros und Computerlabs und können so ihre Aufgaben erledigen und ihre Bachelor- bzw. Masterarbeiten anfertigen. Im Großen und Ganzen funktioniert das ganz gut, nur gelegentlich muss ich eingreifen und beispielsweise einen PC aus der Ferne neu starten.

Latüchte: Tanias neuestes Tiffany-Erzeugnis
Latüchte: Tanias neuestes Tiffany-Erzeugnis

Die Situation ist für uns eigentlich annähernd optimal: Durch den weggefallenen Arbeitsweg haben wir mehr Freizeit, die wir mit unseren häuslichen Hobbys, wie z.B. Heimbrauen, gut auszufüllen wissen. Ungefähr alle zehn Tage verlassen wir mal das Haus, um einzukaufen – das warʼs auch schon. Der Begriff Hausarrest hat für uns auf jeden Fall seinen Schrecken verloren 🙂

Die gesundheitliche Situation in Norwegen entspannt sich zunehmend. COVID-19-Neuinfektionen gibt es zur Zeit hauptsächlich in Oslo und Viken, der Provinz, die Oslo umgibt. Die Zahl der in Krankenhäusern eingelieferten Erkrankten ist seit gut einer Woche rückläufig.

Daher werden in zwei Wochen in Norwegen die Kindergärten und Schulen (Klasse 1-7) wieder öffnen, für die Universitäten und Hochschulen gilt das nur teilweise. Ab dem 27. April sollen Studenten und Doktoranden, die zum Sommer ihren Abschluss machen, wieder in die Laboratorien gehen dürfen, sofern sie dort für ihren Abschluss wichtige Versuche machen müssen. Ansonsten ist die Devise, dass alle, die nicht dringend zur Arbeit müssen, zu Hause bleiben sollen.

Und das ist auch gut so, für uns kann es gerne noch eine Weile so weiter gehen. Aber das Cardinal könnte schon mal wieder öffnen …

Coronakonsequenzen

Seit einer Woche ist nicht mehr viel los in Norwegen – wie im vorherigen Posting bereits beschrieben, sind viele Unternehmen geschlossen. Wir sitzen seit vergangenem Freitag, wie viele andere im Land, im Homeoffice und üben unseren Job über das Internet aus. Gelegentlich haben wir über das Internet Meetings mit Kollegen. Für uns läuft das alles gut – wir könnten noch eine Weile so weiterarbeiten.

Ansonsten sieht es aber nicht so gut aus im Land, insbesondere, wenn man die wirtschaftlichen Folgen betrachtet.

Der Ölpreis, der einen großen Einfluss auf die norwegische Wirtschaft hat, hat sich innerhalb eines Monates mehr als halbiert, und liegt nun bei 28 US-$ per Barrel. Mit dem Ölpreis steigt oder fällt auch der Kurs der norwegischen Krone. Gestern kostete ein Euro rund 13 Kronen – zum Jahreswechsel musste man nur rund 10 Kronen für einen Euro bezahlen. Der Grund für den niedrigen Ölpreis ist allerdings nicht nur die nachlassende Nachfrage aufgrund der globalen Corona-Krise, sondern auch die Uneinigkeit über Förderquoten zwischen Saudi-Arabien und Russland. Heute gab es Gerüchte, dass die USA versuchen würden, Saudi-Arabien zu niedrigeren Förderquoten zu überreden. Kein Wunder, denn bei derartig niedrigen Ölpreisen lohnt sich die Förderung aus den meisten Schieferölvorkommen in den USA nicht mehr. Daraufhin zogen Ölpreis und Kronekurs wieder ein wenig an.

Die Arbeitslosigkeit in Norwegen hat sich innerhalb einer Woche mehr als verdoppelt. Dazu muss man wissen, dass es zwar auch hier einen Mechanismus wie Kurzarbeit gibt, allerdings werden davon betroffene Arbeitnehmer als arbeitslos betrachtet. Hier ein paar Zahlen:

  • 50 % aller Betriebe hat Kurzarbeit eingeführt. Dennoch erwägen knapp 80 % der Betriebe, Kurzarbeit einzuführen oder auszuweiten
  • 28 % aller Betriebe erwägen Entlassungen
  • 28 % aller Betriebe haben Liquiditätsprobleme

Die norwegische Arbeitgeberorganisation NHO meint, die Arbeitslosigkeit sei seit der Wirtschaftskrise in den 1930-er Jahren nicht so hoch wie heute gewesen.

Besonders betroffen ist natürlich die Reisebranche, insbesondere die Luftfahrtunternehmen. Momentan sieht es sehr stark nach einem Konkurs der norwegischen Fluggesellschaft Norwegian aus. Aber auch bei der Konkurrenz, der skandinavischen Fluggesellschaft SAS, sieht es nicht viel besser aus.

Ich schätze mal, da kommt noch einiges auf uns zu; die Sache ist ja noch längst nicht ausgestanden.

Aber wo Schatten ist, ist auch Licht! Viele Leute scheinen jetzt ordentlich Zeit zu haben, zumindest vermelden die Heimbrauläden im ganzen Land, dass sie die Auftragsflut kaum bewältigen können – mit mehreren Tagen Lieferzeit ist zu rechnen! Das hatten wir erwartet, und haben uns schon letzte Woche ausreichend bevorratet; und im Gärtank gären rund 50 l Pils 😉

Corona-Homeoffice [Update]

Update: Gerade wird gemeldet, dass Norwegen ab Montag alle Häfen und Flughäfen schließen und Grenzkontrollen einführen wird.

Norwegen im Ausnahmezustand, so kann man es wohl beschreiben: Seit Donnerstag, 18:00 Uhr, bis zum 26. März sind verboten/geschlossen:

  • kulturelle Veranstaltungen
  • Sportveranstaltungen; darunter fallen auch alle organisierten Formen von z.B. Training usw.
  • Bars, Kneipen, Restaurants, ausgenommen Restaurants und Kantinen, die einen Mindestabstand von einem Meter zwischen ihren Gästen gewährleisten können.
  • Fitness-Studios
  • Friseure, Hautpfleger, Masseure, Tätowierer und dergleichen
  • Schwimmbäder, Spaßbäder
  • Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Universitäten

Daneben haben auch viele andere Firmen und Behörden, vor allem die mit Publikumsverkehr, geschlossen. Darüberhinaus wird von Reisen jeglicher Art ins Ausland abgeraten. Im Ausland befindliche Norweger sind aufgefordert, so schnell wie möglich die Heimreise anzutreten, da immer mehr Länder ihre Grenzen schließen.

Das heißt für uns, dass wir seit gestern zu Hause arbeiten, da unsere Arbeitgeber geschlossen sind. Zum Glück verfügen wir über angemessene Heimarbeitsplätze – viele unserer Kollegen sitzen mit Laptop am Küchentisch. Donnerstag und Freitag habe ich damit verbracht, unseren Studenten Fernzugang zu ihren Universitäts-PCs zu gewähren. Da wir viel Software verwenden, die für die Universität lizensiert ist und nur auf Uni-Rechnern läuft, ist ein Fernzugang die einzige Möglichkeit, dass unsere Studenten auch von zu Hause aus damit arbeiten können.

In Norwegen sind überdurchschnittlich viele Menschen an COVID-19 erkrankt. Fatalerweise waren Ende Februar Winterferien, wo viele Norweger zum Skifahren nach Italien und Österreich gefahren sind. Die meisten Erstinfektionen sind auf Reisende aus diesen beiden Ländern zurückzuführen, wobei die meisten importieren Infektionen aus Österreich stammen. Stand jetzt gibt es 1035 Infizierte, was 19,5 Fälle auf 100.000 Einwohnern entspricht. Zum Vergleich:

  • Italien: 29,5
  • Südkorea: 15,7
  • Deutschland: 4,5

Eine detaillierte Übersicht über die Fälle in Norwegen bietet eine Webseite von VG, Norwegens größter Tageszeitung.

Das norwegische Gesundheitswesen geht davon aus, dass sich Norwegen auf 2,2 Millionen COVID-19-Infektionen einstellen muss, und dass die höchsten Fallzahlen für die Zeit Mai bis Oktober erwartet werden.

Man weiß ja nie: Malz hamstern
Man weiß ja nie: Malz hamstern

Normalerweise lassen wir uns nicht so schnell aus der Ruhe bringen, so sind Hamsterkäufe nicht so unsere Sache. Am Donerstag sind wir aber doch noch einmal schnell zu unserem Heimbraudealer gefahren, um rund 100 kg Malz, verschiedene Sorten Bierhefe und Hopfen zu kaufen – man weiß ja nie! Gestern haben wir gleich 50 l Pils gebraut – an Bier soll es uns jedenfalls nicht mangeln!

Skandal beim norwegischen ESC-Vorentscheid!

Am vergangenen Sonnabend fand das Finale des norwegischen Melodi Grand Prix 2020 statt, dessen Gewinner als Repräsentant Norwegens zum Eurovision Song Contest nach Rotterdam fährt.

Der norwegische Fernsehsender nrk har sich nicht lumpen lassen: Vor 60 Jahren nahm Norwegen zum ersten Mal am ESC teil, und aus diesem Anlass gab es in diesem Jahr fünf Vorentscheide vor dem eigentlichen Finale am Sonnabend, in denen die einzelnen Landesteile (ost/süd/west/mitt/nord) jeweils einen Kandidaten in das Finale stimmen konnten. Damit sich am Ende nicht irgendwelche Kuriositäten dort ansammeln, waren fünf weitere Künstler bereits im voraus für das Finale nominiert worden.

Tatsächlich waren Qualität und Bandbreite am Sonnabend besser als in den Vorjahren, so dass manche Experten Norwegen schon eine Favoritenrolle für den ESC zuschrieben, ehe das norwegische Finale entschieden war.

Und dieses Finale sollte es in sich haben. Von zunächst zehn Teilnehmern sollten die Zuschauer zunächst per Abstimmung im Internet die Top 4 bestimmen. Aus diesen vier Kandidaten sollten im nächsten Schritt die Top 2 bestimmt werden, ehe es zur finalen Abstimmung zwischen den beiden letzten Kandidaten kam.

Am Ende gewann Ulrikke Brandstorp mit der kraftvollen Ballade „Attention”, komponiert u.a. von Kjetil Mørland, der 2015 selber am ESC teilnahm:

Bei der ersten Abstimmung kam es jedoch zu technischen Problemen, so dass der Sender auf eine Backup-Lösung zurückgreifen musste: Eine Jury bestehend aus 30 (!) Zuschauern hatte schon vor der Sendung anhand von Tonaufnahmen die Top 4 bestimmt, ohne die Show der Kandidaten gesehen zu haben. Bei den letzten beiden Abstimmungen funktionierte dann die Technik wieder, so dass die Fernsehzuschauer wie geplant abstimmen konnten.

Die Stimmung — speziell bei den Kandidaten, die sich nicht für die Top 4 qualifiziert hatten — ist natürlich gelinde gesagt gedämpft. Aber wir wollen ehrlich sein: Zumindest drei der Top 4 waren unserer Meinung nach einfach die besseren und vor allem moderneren Lieder.

Hier sind die drei schlimmsten Lieder, die Europa und dem Rest der Welt nun erspart bleiben:

Sunnyboy Alexander Rybak, ESC-Gewinner von 2009, hat in diesem Jahr als Komponist am Melodi Grand Prix teilgenommen und dem aus Stavanger stammenden Sänger Magnus Bokn ein schönes Liedchen geschrieben. OK, dafür gibt es ein paar Sympathiepunkte von uns, aber für die Top 4 reichte es nicht.

Winter?

War da was? In Stavanger jedenfalls scheint es in diesem Jahr keinen mehr zu geben, auch wenn es vor ein paar Tagen spiegelglatt draußen war. Da hatten wir nachts leichten Bodenfrost, und morgens kam dann der Regen.

Die Durchschnittstemperatur im Januar lag satte 5 Grad über dem langjährigen Mittelwert. Dafür konnten wir uns über reichlich Regen freuen; an 30 Regentagen fiel etwa 2,4 mal so viel Niederschlag wie im Normalfall. Nun ja, warmes Wetter kombiniert mit viel Regen beschert uns einen niedrigen Strompreis — der ist so niedrig wie zuletzt 2007.

Dementsprechend sieht es auch im Garten aus: Die Hecke wird seit ein paar Tagen langsam grün, die Hortensie hat schon recht große Blätter, ebenso die Klematis. Frühlingsgefühle gibt es auch bei Rhabarber, Osterglocken, Krokussen und der Heckenrose, vom Löwenzahn und anderen unerwünschten Kräutern ganz zu schweigen — Unkrautjäten im Februar ist auch eine ganz neue Erfahrung.

Voll auf Show: Prozessorlüfter

Seit rund zwei Wochen haben wir einen neuen Server im Keller stehen — der alte war nach rund zehn Jahren etwas schwachbrüstig geworden. Mit acht Kernen, ordentlich Speicher und großen Festplatten reicht es wohl für die nächsten zehn Jahre. Überrascht waren wir über den in wechselnden Farben illuminierten Prozessorlüfter. Kurz vor dem Schließen des PC-Gehäuses und bevor der Rechner in einem ansonsten recht blickdichten Schrank verschwand, ist es mir gelungen, schnell noch ein Video zu drehen — s. oben.

Gefüllt mit 50 l Oatmeal Stout: Zylindrokonischer Gärtank im Gärschrank
Gefüllt mit 50 l Oatmeal Stout: Zylindrokonischer Gärtank im Gärschrank

In unserem Gärkeller steht seit gut zwei Monaten der neue Gärtank — ein zylindrokonischer Drucktank, kurz ZKT. Einen ZKT hatten wir bereits — der Unterschied am neuen Tank ist nun, dass wir unter Druck vergären können. Dadurch entfällt der Schritt der Flaschengärung, der bisher immer nötig war, um nach dem Abfüllen Druck auf die Flaschen zu bekommen. Nach zwei American Pale Ales, Scottish Export und Saison gärt zur Zeit der fünfte Sud, ein Oatmeal Stout, darin. Bisher sind wir mit der Anschaffung sehr zufrieden, alles läuft nach Plan!

Bierreicher Herbst V

Zugegeben – die Überschriften zu unseren Postings im Herbst sind nicht gerade originell, aber was soll’s, sie beschreiben doch recht deutlich, worum es in den vergangenen und kommenden Wochen so geht.

„Bierreich” bezieht sich vor allem auf zweierlei: Zum einen zieht die Bierproduktion der Tandembrauerei im Herbst nach der üblichen Sommerpause wieder merklich an, zum anderen ist der Herbst die Saison der lokalen Bierfestivals.

Den Start machte das Heimbraufestival Heimabrygd in Bryne, einer Kleinstadt 30 km südlich von Stavanger. Die Tandembrauerei nahm am Festival zwar nicht teil, aber ich war verantwortlich für Organisation und Durchführung der Bierbewertung. Rund 35 Biere mussten im Laufe eines Nachmittags bewertet werden und drei Gewinnerbiere bestimmt werden. Mit insgesamt 13 Heimbrauwettbewerbsschiedsrichtern war das aber kein Problem 😉 Nach getaner Arbeit hatten wir dann Gelegenheit, als Gäste am Bierfestival teilzunehmen und die übrigen Biere zu probieren. Dabei gab es ein paar interessante Biere, u.a. ein IPA und ein Imperial Stout, beide mit gebraut mit Mangopüree. Mango passte seht gut zu beiden Bieren, überraschenderweise.

Im beschaulichen Nærbø, ca. 40 km südlich von Stavanger gelegen, findet alle zwei Jahre das Nærbø Ølfestival statt. Dabei handelt es sich um Norwegens ältestes Bierfestival, zu dem nur Brauereien aus Norwegen eingeladen werden. Das Festival findet in einer Sporthalle statt und die Atmosphäre dort ist sehr familiär. Häufig stehen die Brauer selbst an den Zapfhähnen, so dass die Gelegenheit da ist, mit ihnen etwas zu fachsimpeln. Seit Jahren ist es Tradition, dass uns unsere Freunde Anne und Frode aus Fredrikstad besuchen und wir gemeinsam nach Nærbø fahren.

Highlight des Herbstes war aber das Bierfestival What’s Brewing, das in Stavanger stattfand. Passenderweise besuchten uns Birte und Thomas, die seit geraumer Zeit ebenfalls selbst Bier brauen und gerne das eine oder andere Craft-Bier probieren, so dass wir gemeinsam an zwei Tagen das Festival besuchen konnten. Bei What’s Brewing handelt es sich um ein internationales Festival mit Handwerksbieren aus der ganzen Welt. In diesem Jahr waren sogar Brauereien aus China und Japan mit dabei. Aus Deutschland kam Mahrs Bräu aus Bamberg, die u.a. mit einem Kellerbier und einem hellen Bock aufwarteten. Ehrlich gesagt waren diese Biere sehr gut geeignet, sich nach dem Genuss etlicher Saisons, Fruchtbiere, Sauerbiere, IPAs und Stouts ordentlich zu „erden”. Dazu gab’s noch interessante Gespräche mit Stephan, dem Braumeister und Geschäftsführer von Mahrs.

Schnackt und schnackt und schnackt: Heimbrauwettbewerbsschiedsrichter
Schnackt und schnackt und schnackt: Heimbrauwettbewerbsschiedsrichter

Neu in diesem Jahr war die sogenannte BrewCon – eine kleine Konferenz für Heimbrauer, bei der ein paar (Profi-)Brauer, die wegen What’s Brewing eh in der Stadt waren, zu unterschiedlichen Themen Vorträge hielten. In diesem Rahmen habe ich einen kurzen Vortrag über das beurteilen von hausgebrauten Bieren gehalten.

Zwischen all diesen Bierfestivals gibt es dann immer wieder Veranstaltungen von Norbrygg, dem norwegischen Heimbrauerverein. So waren wir beispielsweise auf „Exkursion” bei einem Bauern (und Heimbrauer) in der Region, der angefangen hat, Braugerste anzubauen und der in Zukunft selbst vermälzen möchte. Das ist eine überaus komplexe (und nicht ganz billige) Angelegenheit. In Norwegen gibt es so gut wie kein Know-How dazu, weil Braumalz zu fast 100 % importiert wird. So musste erst einmal herausgefunden werden, welche Art Braugerste in unserem doch recht regenerischen und windigen Klima vernünftig wächst und gute Erträge liefert. Das Vermälzen ist auch kein Kinderspiel – hier muss ziemlich genau auf Temperaturen und Feuchtigkeit geachtet werden; Dinge, die man erst einmal herausfinden und dann auch umsetzen muss. Hinzu kommen nicht unwesentliche Investitionen.

Investiert hat auch die Tandembrauerei – erst gestern haben wir einen Drucktank bestellt, der es uns erlauben wird, unter Druck zu vergären und abzufüllen. Der Vorteil dabei ist, dass unser Bier nach Ende der Gärung fertig karbonisiert ist und bei der Abfüllung nicht mehr mit Luft/Sauerstoff in Berührung kommt. Eine Flaschengärung wird bei den meisten Bieren nicht mehr notwendig sein. Die Gleichung:

Steuerrückzahlung + Lohnerhöhung + bald(Geburtstag + Weihnachten) + Erlös vom Verkauf des alten Gärtanks

machte die Entscheidung leichter, die Investition zu tätigen 🙂

Sommerrapport

Ferienhaus versteckt im Gebüsch
Ferienhaus versteckt im Gebüsch

Wenn man sich die langfristige Wettervorhersage anschaut, scheint der Sommer für dieses Jahr gelaufen zu sein; Zeit also, hier eine kurze Zusammenfassung zu bringen!

Bach am Strand
Bach am Strand

Unser Urlaub fiel in diesem Jahr etwas anders aus als bei uns üblich. Normalerweise machen wir beide vier Wochen lang frei; das war in diesem Jahr zumindest bei mir nicht möglich, da ich in der Universität unser komplettes IT-System neu aufbaue. Das ist nur im Sommer möglich, wenn alle anderen Semesterferien oder Urlaub haben.

Zur Abwechslung mal ein Stout
Zur Abwechslung mal ein Stout

Somit blieben uns nur zwei Wochen, die wir in einem Ferienhaus in Dänemark verbrachten. Damit für etwas körperliche Aktivität gesorgt war, hatten wir unser Haus so ausgewählt, dass wir es von der Fähre in Hirtshals aus locker mit Fahrrad erreichen konnten; das Auto blieb zu Hause. Unser Haus lag in Kjul Strand, nur rund 5 km östlich von Hirtshals gelegen. Unser Plan war, im Großen und Ganzen unsere Ruhe zu haben. Ich hatte mir einen Stapel ungelesener Brew Your Own-Magazine mitgenommen, die ich im Urlaub lesen wollte. Sollte das nicht reichen, waren zur Sicherheit auch die letzten c’t-Ausgaben in digitaler Form im Gepäck.

Schmaler Reststrand bei starkem Nordwind
Schmaler Reststrand bei starkem Nordwind

Insofern war uns auch das Wetter nicht so wichtig, nur am ersten und letzten Tag sollte es bitte schön nicht regnen, denn an diesen Tagen fehlte uns ein schützendes Dach über dem Kopf: Die Fähre aus Norwegen kam morgens um halb acht in Hirtshals an, und das Haus konnten wir erst am Nachmittag übernehmen. Ähnlich war die Situation am letzten Tag – wir mussten vormittags aus dem Haus raus, die Fähre zurück nach Norwegen fuhr aber erst abends. Tatsächlich war es an beiden Tagen trocken, so dass wir uns ohne Probleme draußen aufhalten konnten.

Bunkerwärtin von Hirtshals
Bunkerwärtin von Hirtshals

Auch sonst hatten wir recht gutes Wetter, abgesehen von zwei Regentagen. Allerdings war es in der ersten Woche trotz Sonnenscheins recht kühl, dazu wehte ein starker Nordwind – so stark, dass die Fähren in Hirtshals beim Ablegen Schlepperhilfe benötigten. Ausgerechnet am Tag mit dem heftigsten Wind mussten wir natürlich zum Einkaufen in die große Stadt nach Hirtshals radeln…

Leuchtturm von Hirtshals
Leuchtturm von Hirtshals

Wegen des starken Windes beschränkten sich unsere längeren Radtouren auf Abstecher nach Løkken (45 km), Ålbæk (30 km) und Hjørring (15 km). Klar, dass die angefahrenen Orte über für uns interessante Ausflugsziele verfügten. Speziell das Bette Ølhus in Ålbæk an der Ostküste Jütlands lockt mit – ich behaupte das jetzt mal – Dänemarks größter Auswahl an belgischen Bieren. Es lohnt sich immer wieder, dort vorbeizufahren.

Der alte Mann und das Aquarium
Der alte Mann und das Aquarium

Ein paar Worte zu unserem Ferienhaus können wir auch noch verlieren. Es war schon etwas älter und teilweise etwas heruntergekommen und hatte zum 1. Juli gerade den Besitzer gewechselt. Im Haus hing ein Zettel mit Kontaktdaten der neuen Besitzer, mit der Bitte, doch Bescheid zu sagen, falls irgendetwas Wichtiges fehlen sollte. Wir wurden schon vorab darüber informiert, dass der Besitzer kommen würde, um den defekten Fernseher auszutauschen. Nun ja, der Fernseher selbst war eigentlich OK, allerdings konnten wir nur deutsches Fernsehen über Satellit empfangen. Für uns war das jetzt nicht schlimm, aber wir hätten ja auch Norweger sein können 🙂 Und der neue Fernseher änderte daran natürlich nichts, es fehlte wohl ein Satellitenfernsehenabonnement, das z.B. skandinavische Sender beinhaltet. Zumindest bekamen wir am vierten Tag unseres Aufenthaltes ein paar Liegestühle – Gartenmöbel o.ä. fehlten bis dahin vollständig. Ansonsten gab es nichts zu meckern; das Haus lag gut versteckt im Gebüsch, nicht weit von Strand und Kiosk, wo die Dose Tuborg nur zwanzig Kronen kostete.

Tandem am Stammplatz
Tandem am Stammplatz

Einen guten Vorsatz hatte ich dann auch noch gehabt: Ich wollte wieder mit dem Joggen beginnen. Jeden Morgen lief ich ein bisschen am Strand, am Ende waren es rund 3000 m pro Lauf. Ging alles gut, bis zum 11. Tag, als plötzlich mein rechtes Knie etwas schmerzte. Nicht so schlimm, dachte ich, und lief meine Strecke noch zu Ende. Auf weitere Läufe verzichtete ich dann aber. Wenig hilfreich war es dann wohl, dass wir am letzten Tag unseres Urlaubes den ganzen Tag auf den Beinen waren, u.a. im Nordsee Oceanarium in Hirtshals. Die Folge war, dass ich zwei Wochen lang humpelte und zeitweise an Krücken ging. Inzwischen ist alles wieder gut, aber mit dem nächsten Lauf warte ich lieber noch etwas.

Blumenhölle im Vorgarten
Blumenhölle im Vorgarten

Zurück in Stavanger fanden wir einen „explodierten” Vorgarten vor. Wir hatten zuvor sehr großzügig Samen für Sommerblumen verteilt; während unserer Abwesenheit sind nun Korn- und Ringelblumen in verschiedenen Farben und Wuchsformen, Mohn, Kapuzinerkresse und vieles mehr aufgegangen, zusätzlich zu den schon vorhandenen Stauden, die vermutlich mit den neu hinzugekommenen um Nährstoffe und Licht kämpfen. Soll aber keiner kommen und sagen, wir täten nichts für Insekten!

Premiere: Tanias erstes Bleiglasbild
Premiere: Tanias erstes Bleiglasbild

Während ich also nach zwei Wochen Urlaub, der nun schon vier Wochen zurückliegt, wieder arbeiten musste, hat Tania sich weitere drei freie Wochen hier zu Hause gegönnt. In dieser Zeit hat sie sich ihrem Hobby Tiffany und Bleiglas gewidmet und zum ersten Mal ein Bleiglasbild angefertigt. Die Arbeit hat ihr einiges abverlangt, sowohl handwerklich als auch nervlich, aber das Resultat kann sich sehen lassen!

RØL!

Austragungsort für das Rogaland Ølfestival: Eine unscheinbare Sporthalle
Austragungsort für das Rogaland Ølfestival: Eine unscheinbare Sporthalle

Einer der Höhepunkte des Jahres fand am vergangenen Wochenende statt – das Rogaland Ølfestival 2019, kurz RØL. Dabei handelte es sich um ein lokales Heimbrauerfestival, veranstaltet von Norbrygg Rogaland. Es ist schon eine ganze Weile her, dass wir als Heimbrauer an einem Bierfestival teilgenommen haben, daher hatten wir uns schon im Winter entschlossen, dieses Mal wieder dabei zu sein.

Kann losgehen: Die Tandembrauerei ist zapfbereit!
Kann losgehen: Die Tandembrauerei ist zapfbereit!

Zum Festival hatten sich insgesamt vierzig Heimbrauer angemeldet, die zusammen 114 verschiedene Biere angeboten haben. Zusammen mit den Brauern waren 600 Leute versammelt, um die unterschiedlichsten Biere zu probieren und zu bewerten, schließlich sollte das Publikum darüber entscheiden, welches Bier das Beste war.

Gute Stimmung: Fröhliche Bierprobierer und lustige Brauer
Gute Stimmung: Fröhliche Bierprobierer und lustige Brauer

Diese Aufgabe war keine leichte – die Vielfalt der teilnehmenden Biere war wirklich überwältigend! Neben „normalen” Bieren wie Pils, Weizenbier, IPA, Stout und dergleichen gab es viele, sagen wir, extravagantere Biere – mit Früchten und Gewürzen, gesäuert, fassgelagert usw.; der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt.

Frisch gezapft: Schokoladiger Glücklichmacher
Frisch gezapft: Schokoladiger Glücklichmacher

Wir machten da keine Ausnahme. Neben einem recht normalen IPA hatten wir ein sogenanntes pastry beer im Angebot – ein Bier, das an Backwaren erinnern soll. Bei unserem Bier handelte es sich um ein dunkles, starkes (ca. 10 %) Bier, dem wir eine anständige Menge Kakao, Kirschpüree, Laktose sowie etwas Vanillearoma hinzugefügt haben. Genannt haben wir es Schwarzwälder Kirsch, und damit ist auch klar, wohin geschmacklich die Reise geht: Es dominiert ganz klar Schokolade bzw. Kakao, hinzu kommt etwas Vanille, etwas Kirscharoma und -säure, die gut von der Laktose balanciert wird. Neben den Bieren hatte wir noch vier Bleche Schokoladen-Kirsch-Kuchen gebacken, den die Besucher in kleinen Stückchen mitnehmen konnten. Sehr lustig zu beobachten, wenn die Leute unser Bier probierten: Auf große Augen beim Riechen folgte meistens ein breites Lächeln nach dem Trinken – ein eindeutiger Beweis, dass Schokolade glücklich macht!

Diplomiert: Zufriedene Brauerin mit Gewinnerbier
Diplomiert: Zufriedene Brauerin mit Gewinnerbier

Unser Schokoladenbier schnitt am Ende ganz ordentlich ab – Platz 15 von 114, mit einer Durchschnittsnote von 4,09 (die Notenskala reichte von 1 bis 5, wobei die Note 5 die beste war). Aber: Eine Gasthausbrauerei in Stavanger hatte noch einen speziellen Preis zu vergeben – das aus ihrer Sicht interessanteste Bier des Festivals soll bei ihnen kommerziell gebraut und vertrieben werden, und diesen Preis hat unser Bier gewonnen!

Das Bier wird vermutlich im Herbst gebraut werden – somit wird es in ein paar Monaten viele glückliche Menschen in Stavanger geben 😉