Herbstliches

Auch in diesem Jahr war der Herbst ereignisreich – kaum ist der Sommer vergangen, steht auch schon wieder Weihnachten vor der Tür!

Es folgt ein kurzer Abriss unserer Herbsttätigkeiten.

Besuch

Drei Personen mit Fahrradhelmen und Reflexwesten auf Draisinen
Lustige Draisinentour in Flekkefjord

Im August und September konnten wir wieder Besuch aus Deutschland begrüßen – meine (A.) Eltern kamen Ende August zu ihrem alljährlichen Stavangerbesuch. Highlight des Besuchs war eine Draisinenfahrt auf einer stillgelegten Eisenbahnstrecke in Flekkefjord.

Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Biergarten unter einem Sonnenschirm
Mit Hardy im Lervig Local

Kurze Zeit später kam Kumpel Hardy für ein paar Tage vorbei. Bei meist gutem Wetter konnten wir so manches Bier zusammen trinken.

Heimbrauwettbewerbsschiedrichterkurs

Anfang September setzte ich mich in den Reisebus – Ziel: Grimstad in Südnorwegen. Dort führte ich zusammen mit einem Kollegen vom Heimbrauwettbewerbsschiedsrichterkomitee einen Heimbrauwettbewerbsschiedrichterkurs durch, wo wir neue Heimbrauwettbewerbsschiedsrichter ausbildeten.

Bierfestival I

Zwei Heimbrauschiedsrichter bewerten Bier
Heimabrygd: Heimbrauwettbewerbsschiedsrichter bei der Arbeit

Eine Woche später haben Tania und ich mit weiteren vier Heimbrauwettbewerbsschiedsrichtern Biere beim Heimbrauerfestival Heimabrygd in Bryne bewertet. Heimabrygd ist ein jährlich stattfindendes relativ kleines Bierfestival mit rund zwanzig Heimbrauern – alles sehr übersichtlich, jeder kennt jeden, und alles gut organisiert. Als Heimbrauwettbewerbsschiedsrichter bewerteten wir am Nachmittag von jedem Heimbrauer je ein Bier, um auf diese Weise einen Gewinner zu ermittlen. Anschließend hatten wir dann die Möglichkeit, als „normale“ Besucher am Festival teilzuhaben.

Herbstferien

Kurzfristig hatten wir uns entschlossen, in diesem Jahr einen kurzen Herbsturlaub zu machen. Aber wohin nur? Zunächst schauten wir uns Reiseziele an, die per Flieger direkt von Stavanger aus zu erreichen sind. Wir dachten zunächst an eine Reise in den Süden, sind aber schnell wieder davon abgerückt – die Aussicht, irgendwo relativ weit weg von allem in einem Hotel zu sitzen, war dann doch nicht so verlockend. Ein Stadturlaub war eher das, was für uns in Frage kam. Es kristallisierte sich Polen als Reiseziel heraus, hier können wir sowohl Krakau als auch Danzig direkt anfliegen. Aber auch hier fanden wir nicht das Optimale. Am Ende landeten wir bei Tallinn, der Hauptstadt von Estland, auch wenn wir auf dem Weg dahin einmal umsteigen mussten.

Unser Hotel, das ehrwürdige Von Stackelberg Hotel, lag am Rand von Tallinns Stadtzentrum. Sowie das historische Zentrum selbst als auch das „hippe“ Viertel Telliskivi mit vielen Kneipen, Pubbrauereien, Restaurants uvm. lagen in Gehentfernung. Alles andere war bequem mit Bus und Straßenbahn zu erreichen – die Wochenkarte für den ÖPNV kostete 11 Euro. Sprachlich ist estnisch für die allermeisten Nichtesten natürlich eine Katastrophe – soviele Ä und Ö auf einen Haufen sieht man selten. Estnisch ist eng verwandt mit Finnisch, somit sind die Finnen wohl die einzigen Ausländer, die hier auf Anhieb gut zu Recht kommen. Aber die jüngeren Leute sprechen alle gut Englisch, und für den Rest hat man ja noch Google Translate. Es gibt aber, speziell im Zentrum, Hinweise auf Tallinns deutsche und dänische Geschichte.

Tallinn hat viele Gesichter – Im Osten der Stadt finden sich Plattenbauten, vermutlich aus sowjetischer Zeit. Außerhalb des Stadtzentrums sieht man viele moderne Büro- und Geschäftsgebäude. Das historische Zentrum ist während des zweiten Weltkriegs nur wenig in Mitleidenschaft gezogen worden. Heute sind fast alle Gebäude renoviert – alles sieht schon fast „zu neu“ aus. Laut Wikipedia wurde die Tallinner Altstadt 1997 zur Liste des UNESCO-Weltkulturerbe hinzugefügt als „außergewöhnlich vollständiges und gut erhaltenes Beispiel einer mittelalterlichen nordeuropäischen Handelsstadt“. Und dann gibt es im schon genannten Viertel Telliskivi und auch im Hafen viele alte Industriegebäude aus Ziegelsteinen (telliskivi bedeutet Ziegelstein), die heute anderweitig genutzt werden.

Als wir in unserem Hotel ankamen, sahen wir schon auf der gegenüberliegenden Straßenseite Pööbel, Pub und Restaurant – somit war der Abend wohl gerettet. Zu unserer Zufriedenheit gab es dort auch eine stattliche Bierauswahl. Ein weitere Überraschung hielt der kleine Tante-Emma-Laden-ähnliche Supermarkt ein paar Ecken weiter parat: Eine ganze Reihe mit Kühlschränken, gefüllt mit Bieren aus ganz Europa – da war viel Neues für uns dabei!

An den nächsten Tagen schauten wir uns das Stadtzentrum an – alles sehr nett und touristisch. Mit Hilfe unserer schlauen Smartphone-Apps fanden wir auch überraschend viele Pubbrauereien, allerdings gab es dabei viel Schatten und wenig Licht. Den Vogel abgeschossen, im negativen Sinne, hat dabei die Brauerei von Kochi Aidad, in der Nähe des Kreuzfahrthafens. Wir bestellten uns ein Probierbrett mit sechs verschiedenen vor Ort gebrauten Bieren. Keines von denen war ohne Braufehler – am schlimmsten waren das Weizenbier und das belgische Blond, die so sehr nach Schimmel schmeckten, dass wir davon absahen, die Gläser zu leeren.

Die andere Seite des Spektrums bildete (erwartungsgemäß) die Brauerei Põhjala (estnisch für „der Norden“). Põhjala war uns schon vorher bekannt – hier gab es viele gute Biere zu trinken, wie zum Beispiel das dunkle Bier Öö (=Nacht).

Nach fünf Tagen machten wir uns wieder auf die Rückreise nach Stavanger und waren froh über unsere Entscheidung, nach Tallinn gereist zu sein.

Bierfestival II

Am 20. Oktober war es wieder so weit: Stavangers internationales Bierfestival What’s Brewing öffnete seine Pforten – zum letzten Mal. What’s Brewing fand seit 2014 jährlich (mit Corona-Unterbrechung) im Kulturzentrum Tou Scene statt, dem Gebäude der ehemaligen Tou-Brauerei statt, und die bisherigen Veranstalter wollen diese Tradition in Zukunft nicht mehr weiterführen. Aus unserer Sicht keine schlechte Idee, denn What’s Brewing ist nicht mehr das, was es einmal war, und das mag für viele Bierfestivals gelten. Im Jahre 2014 schrieben wir, dass bei What’s Brewing 28 Brauereien Biere in über 40 Bierstilen angeboten haben. Speziell die Anzahl der unterschiedlichen Bierstile ist für uns das Interessante, was ein Bierfestival ausmacht. Heutzutage bieten die meisten Brauereien New England IPAs, Pastry Stouts und Fruited Sours an – abseits dieser beliebten und gängigen Bierstile gibt es sehr wenig anderes. Somit finde ich bei What’s Brewing die gleichen Bierstile, die ich auch in jedem Craft Beer Pub bekomme – nur dass ich dort keinen Eintritt bezahlen muss 😉

Keine Frage, diese Entwicklung hängt sicherlich mit der Professionalisierung der Branche zusammen. Am Ende sind Handwerksbrauereien Wirtschaftsbetriebe, die Geld verdienen müssen, und in sofern bieten die Brauereien ähnliche Produkte an – eben die, die sich am besten verkaufen lassen. Eher abseitige Bierstile finden sich dann eher bei den Hobbybrauern, womit wir zum nächsten Thema kommen…

Bierfestival III

Christiansholm Festung in Kristiansand, Norwegen
Christiansholm Festung in Kristiansand

Ende Oktober veranstaltete Norbrygg Agder (Norbryggs lokale Abteilung in Südnorwegen) das Heimbrauerfestival Sørlandets Ølfestival in Kristiansand. Wir wollten eigentlich nicht hin, aber als Heimbrauwettbewerbsschiedsrichterkomiteemitglieder waren wir eingeladen, an einem Treffen der Leiter der verschiedenen lokalen Abteilungen von Norbrygg teilzunehmen. Insofern bekamen wir die Tour nach Kristiansand samt Hotelübernachtung und Eintritt zum Festival von Norbrygg bezahlt – da fiel die Entscheidung leicht, dort doch hinzufahren. Nachdem wir tagsüber in Meetings das Pflichtprogramm absolviert hatten, ging es am späten Nachmittag Zum Veranstaltungsort Christiansholm festning, einer alten Festungsanlage, fertiggestellt 1672. Heute gehört das Gebäude der Stadt Kristiansand und dient als Veranstaltungsort. In dem kreisrunden Veranstaltungslokal hatten sich rund dreißig Hobbybrauer eingefunden, um ca. 80 Biere zum Verköstigen anzubieten. Und tatsächlich war die Bandbreite an Bierstilen hier wesentlich höher als bei What’s Brewing.

Weihnachtsbiere probieren

Regelmäßige Leser von ZBiS könnten wissen, dass das Thema Weihnachtsbier in Norwegen generell und natürlich bei uns sehr wichtig ist. Anfang November, wenn die Weihnachtsbiere auf den Markt kommen, gibt es in vielen Zeitungen Weihnachtsbiertests, durchgeführt von zumeist wenig fachkundigen Testern. Wir kaufen normalerweise auch einen Haufen, um sie zu probieren, aber nicht in diesem Jahr! Ole, seines Zeichens Vorsitzender von Norbrygg Rogaland, hat uns zum Weihnachtsbierprobieren eingeladen. An drei Freitagen im Dezember arbeiten wir uns zusammen durch insgesamt rund 30 Weihnachtsbiere. Da wir uns dabei die Flaschen mit mehreren teilen, sparen wir so einiges an Geld und können mehrere unterschiedliche Biere probieren, als wir es sonst getan hätten. Einen Probierabend haben wir hinter uns, zwei werden also noch folgen.

Und die Tandembrauererei?

Drei Gäreimer auf einem Tisch, darunter 3 Cornelius-Fässer
„Split batch“: Eine Würze, drei Biere dank drei verschiedener Hefen

Die braut! Keine Frage, das war ein sehr produktiver Herbst – im Oktober und November haben wir fünf verschiedene Biere gebraut: Norwegisches Farmhouse Ale, Weihnachtsbier mit Äpfeln und Zimt, Brown Porter, American Blonde Ale sowie ein Extra Special Bitter gehören zu den jüngsten Kreationen. Zeitweilig gärten in unserem Keller 150 l Bier!

Wie in jedem Jahr haben wir zwei Fässer Bier meinen Kollegen zur Weihnachtsfeier am vergangenen Freitag spendiert – die Biere kamen extrem gut an, noch nie wurden die Fässer so schnell geleert wie in diesem Jahr. Viele meiner Kollegen konnten nicht fassen, dass sie da Selbstgebrautes und kein „Kaufbier“ tranken.

Im Herbst gab es aber nicht nur schöne Erlebnisse. Tanias Mutter ist nach längerer Demenzkrankheit im November gestorben.

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