Einmal Bremen und zurück

Seit ein paar Tagen sind wir zurück aus unserem diesjährigen Sommerurlaub, wo wir es so richtig haben krachen lassen: Wir sind mit Tandem und Zelt von Stavanger nach Bremen und wieder zurück geradelt.

Fast so lang wie ein Wohnmobil: Tandem mit Anhänger

Fast so lang wie ein Wohnmobil: Tandem mit Anhänger

Schon im letzten Jahr, als wir mit dem Rad in Nordjütland unterwegs waren, reifte unser Entschluss, einmal eine längere Tour zu unternehmen — damals waren uns die meisten Strecken zu kurz. Entsprechend gründlich waren unsere Vorbereitungen für unsere diesjährige Tour.

So haben wir uns einen neuen Fahrradanhänger zugelegt, der leer rund 8 kg weniger wiegt als unser alter Anhänger. Außerdem passt viel weniger rein, so dass wir entsprechend weniger mitnehmen können, was wiederum hilft, Gewicht zu sparen. Mit Hilfe der Webseite cycle.travel, einem Routenplaner für Radtouren, haben wir unsere Tour akribisch geplant. Am Ende hatten wir elf Tage für die Hinfahrt und zehn Tage für die Rückfahrt eingeplant; es blieben fünf Tage „Reserve” für unvorhersehbare Vorkommnisse, denn eines war sicher: am 8. August geht unsere Fähre von Hirtshals zurück nach Stavanger — die mussten wir unbedingt erreichen!

Die Strecke

Ein bisschen muss aber noch: Pause kurz vorm Etappenziel

Ein bisschen muss aber noch: Pause kurz vorm Etappenziel

Die Fährverbindung zwischen Stavanger und Hirtshals macht es uns leicht, direkt mit dem Rad zu Hause loszufahren und nach ca. 16 km auf die Fähre zu rollen. Nach der Ankunft in Dänemark ging es dann richtig los auf die erste Etappe von Hirtshals nach Aalborg. Von Aalborg aus wählten wir eine Strecke, die mehr oder weniger an der Ostküste Jütlands entlang nach Süden führt. Allerdings: An der Ostküste gibt es einige Höhenmeter zu bewältigen, so dass wir im voraus mithilfe von cycle.travel günstigere Routen ausgewählt hatten. Speziell den Raum Vejle umfuhren wir großzügig, da es dort extreme Steigungen gibt — Dänemarks steilste Strecken liegen dort.

Da kommt Freude auf: Nasses Zelt zum Frühstück

Da kommt Freude auf: Nasses Zelt zum Frühstück

Unsere erste Übernachtung in Deutschland hatten wir in Flensburg; von dort ging es weiter nach Kiel, von wo aus wir mehr oder weniger direkt nach Bremen fuhren. Die Strecke zwischen Kiel und Bremen wurde in erster Linie durch verfügbare und in passender Entfernung liegende Campingplätze bestimmt; naturgemäß gibt es davon im Niemandsland Schleswig-Holsteins und Niedersachsens weniger als in den Tourismus-Hochburgen an der Küste.

In Bremen legten wir unseren ersten Pausetag ein. Den brauchten wir auch, denn der Weg war teilweise recht anstrengend aufgrund der vielen Höhenmeter und des Gegenwindes, den wir meistens hatten. Obwohl wir unsere Übernachtungsplätze fast immer in die Nähe mehr oder weniger großer Ortschaften gelegt hatten, hatten wir abends häufig keine Muße mehr, uns die Orte anzusehen, da wir einfach zu erledigt waren.

Heimische Gefilde: Blocklander Deich

Heimische Gefilde: Blocklander Deich

Abgesehen davon musste unser Rad auf Vordermann gebracht werden. In Bremen mussten wir zwei neue Mäntel aufziehen, ein neuer Sattel für Tania musste her und unser alter Fahrradständer hatte auch die Biege gemacht.

Nachdem Mensch und Material wieder in Form waren, ging es zurück Richtung Norden, dieses Mal entlang der Westküste. Zunächst mehr oder weniger an der Weser entlang bis nach Wremen, von dort aus über Cuxhaven und Brunsbüttel an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste (Büsum, Husum) zurück nach Dänemark. Endlich bekamen wir ab Husum recht günstigen Wind, der uns bis nach Løkken treu bleiben sollte. Am besten lief es zwischen Søndervig und Thyborøn, wo wir über eine Strecke von 82 km einen Schnitt von 24 km/h hinlegten.

Geschafft: Angekommen in Bremen

Geschafft: Angekommen in Bremen

Gegen Ende unserer Tour wurden die Tagesstrecken dann etwas kürzer, weil wir noch ausreichend Zeit bis zur Abfahrt unserer Fähre hatten. Außerdem erwischte uns eine fiese Erkältung, so dass wir am Ende froh waren, nicht mehr allzu weit fahren zu müssen.

Das Wetter

Lecker: Kühles Hemelinger in Bremerhaven

Lecker: Kühles Hemelinger in Bremerhaven

Tja, das Wetter hätte besser sein können. Es gab kaum einen Tag, an dem wir keinen Regen hatten. Meistens regnete es nachts, so dass wir stets ein schweres, nasses Zelt durch die Gegend fuhren. Richtig kräftigen, länger anhaltenden Regen hatten wir nur an zwei, drei Tagen — es hätte also schlimmer kommen können. Anders herum schien ja auch die Sonne fast täglich, so dass wir unser nasses Zelt in der Regel auch wieder trocken bekamen.

Die Radwege

Die Navigatorin kennt den Weg

Die Navigatorin kennt den Weg

Von unseren Touren in Dänemark sind wir eine gute Ausschilderung und Qualität der Radwanderwege gewohnt. Erstaunlich, wie schlecht Radwege in Deutschland ausgeschildert sind, von deren Qualität mal ganz zu schweigen: Wir fahren schnell, also meistens irgendetwas zwischen 20 und 30 km/h — die meisten der als Radwege gekennzeichneten Rüttelpisten sind dafür ungeeignet, also wichen wir häufig – zum Missvergnügen der Autofahrer – auf die Straße aus.

Während in Dänemark nationale und regionale Radrouten durch eindeutige Nummern gekennzeichnet und demnach leicht zu folgen sind, gibt es in Deutschland nur ein einheitliches, unscheinbares Schildchen ohne Angabe, für welche Strecke es gilt, häufig hinter Vegetation verborgen und so klein, dass man es im Vorbeifahren nicht rechtzeitig erkennt. Die extra angeschafften Fahrradkarten waren auch keine große Hilfe, so dass wir in Deutschland ausschließlich mit dem Handy navigierten.

Die Campingplätze

Wird schon wieder: Gute Miene zu schlechtem Wetter

Wird schon wieder: Gute Miene zu schlechtem Wetter

Auch bei den Campingplätzen gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle — betrachtet mit den Augen des durchziehenden Radwanderers. Aus Platz- und Gewichtsgründen haben wir nur ein kleines Zelt und keinen Tisch und keine Stühle dabei. Aus Dänemark sind wir es gewohnt, dass es einen gewissen Komfort auf den Plätzen gibt: Küche, Aufenthaltsräume oder zumindest überdachte Sitzgelegenheiten. Dass wir derartige Einrichtungen nicht unbedingt auf einem Platz wie Weddelbrook, mitten in der schleswig-holsteinischen Pampa liegend, erwarten, leuchtet ein — das ist ein Platz für Dauercamper; dort werden nur wenige Radwanderer Halt machen. Aber Flensburg, Kiel, Büsum? Dort gibt es schon ein paar mehr von unserer Art. Deshalb machten wir uns von Bremen aus auch schnell auf den Weg zurück nach Dänemark, dem gelobten Campingland.

Einen neuen Standard setzte übrigens der Campingplatz in Ribe, Dänemarks ältester Stadt: Dort gab es sowohl eine Innen- als auch Außenküche, samt Tischdecken und frischen Blümchen, sowie luxuriöse Einzelwaschräume mit Haartrockner — der Standard dort war besser als bei uns zu Hause.

Muss das sein? Nicht unbedingt, aber es zeigt eine andere Haltung dem Campinggast gegenüber.

Zur Ehrenrettung der deutschen Plätze sei erwähnt, dass wir dort per Übernachtung 10-15 Euro zahlten, während es in Dänemark rund 25-35 Euro waren.

Und sonst so?

Radweg durch die Dünenanpflanzung (Klitplantage)

Radweg durch die Dünenanpflanzung (Klitplantage)

Kleiner Tip Nr. 1: Wenn man schon in zwei guten Kneipen war und dort einige Biere getrunken hat, dann braucht man auf dem Weg zurück zum Campingplatz nicht noch ein paar weitere Flaschen aus dem Supermarkt mitzunehmen und die dann auch noch trinken. Verkatert 80 km Rad fahren bei 25 Grad im Schatten und Gegenwind, das kommt nicht wirklich gut!

Kleiner Tip Nr. 2: Solltet ihr einmal auf einem Campingplatz zelten, dann haltet Abstand zu Radwanderern. Die gehen meistens früh zu Bett, schnarchen dann den ganzen Platz voll, und sind morgens die ersten, die ihre Sachen packen (=herumlärmen) und abfahren. Schlimmer noch sind biertrinkende Radwanderer; die müssen nachts öfter mal zur Toilette, was das Öffnen und Schließen von drei Reißverschlüssen mit sich bringt. Die schlimmste Kategorie sind erkältete biertrinkende Radwanderer. In der Zeit wo sie mal nicht schnarchen oder zur Toilette gehen (Reißverschlüsse!), husten oder niesen sie, und das meistens abwechselnd.

Fährt sich gut bei Rückenwind: Straße nach Thyborøn

Fährt sich gut bei Rückenwind: Straße nach Thyborøn

Woran erkennt man übrigens deutsche Touristen in Norddänemark (oder auch in Norwegen)? Egal wie das Wetter sein mag, laufen sie stets mit übermäßig festem Schuhwerk, einer häufig viel zu großen (aber sicher sehr bequemen) Hose mit abnehmbaren Hosenbeinen und einem ordentlichen GoreTex-Anorak, ganz bis oben hin verschlossen, herum. Mit anderen Worten: Die sehen aus, als seien sie auf einer großen Expedition in bisher unentdeckte Ecken dieser großen, weiten Welt, fernab jeglicher Zivilisation. Sieht irgendwie merkwürdig aus, wenn alle anderen in T-Shirt, kurzer Hose und barfuß in Sandalen herumlaufen. Die ganz Extremen sind übrigens mit einem Land Rover da, ordentlich mit Reserverädern und jeder Menge Kanister auf dem Dach. OK, man weiß ja nicht, wie weit die noch fahren, wenn man sie in Dänemark antrifft. Wer weiß, vielleicht wollen die ja noch zum Nordkapp? Kommt man allerdings auch mit ’nem alten Golf hin, habe ich gehört 😉

Am Strand von Slettestrand

Am Strand von Slettestrand

Einer meiner Facebook-Freunde meinte neulich, wir seine die Härtesten. Nee, bei weitem nicht. Unterwegs trafen wir einen Schweizer Radwanderer, der auf der Rückreise aus Bergen war. Der war auf eigene Achse von der Schweiz, durch Deutschland und Dänemark nach Norwegen und dort bis Bergen unterwegs, und nun fuhr er eben das Ganze zurück.

Dann trafen wir auf dem Platz an der Løgten Bucht, bei Aarhus, ein älteres Ehepaar aus den Niederlanden, auch mit Tandem und Anhänger unterwegs — die hatten den gleichen Anhänger wie wir. Deren Zelt war wesentlich größer als unseres, die hatten Stühle mit und auch sonst sahen wir einige Gegenstände, auf die wir verzichtet hatten. Da haben wir uns schon gefragt, wo die ihr Gepäck lassen! Verflixt, diese Holländer, die sind eben doch zum Camping geboren!

Können Zeltstangen altern? Dass das Zelt an sich irgendwann, von UV-Strahlung zermürbt, brüchig wird, leuchtet ein. Das Gestänge sollte aber länger halten als der Rest. Unser Zelt haben wir erst im letzten Jahr gekauft und ja auch benutzt, da war alles gut. Auf dieser Reise jedoch ist eine Stange drei Mal gebrochen, eine weitere ein Mal. Reparaturhülsen gibt es nirgendwo zu kaufen. Am Ende mussten wir uns einen Meter Kupferrohr aus einem Baumarkt in Thisted holen, dazu einen Rohrabschneider, um uns selbst ein paar Hülsen zu basteln, damit wir die gebrochenen Stangen reparieren und unser Zelt weiter benutzen konnten.

Fazit

Zurück in Hirtshals

Zurück in Hirtshals

Es geht doch noch: 1735 km an 26 Tagen; nimmt man die beiden kurzen Etappen in Stavanger heraus, bleiben noch ca. 1700 km an 24 Fahrradtagen, d.h. ca. 71 km pro Tag im Schnitt.

Auch wenn meine ursprüngliche Aussage „Mit hundert Kilometern pro Tag sind wir nach einer Woche in Bremen!” etwas optimistisch war, so sind achtzig Kilometer täglich doch ein realistischer Wert. Wir hätten uns nur etwas mehr Zeit gewünscht, um uns unterwegs etwas mehr anzusehen. So war es halt eher ein Rennen nach Bremen und eine etwas entspanntere Tour zurück. Für andere Dinge reichte die Gesamtzeit nicht aus. Ansonsten fühlen wir uns (mal abgesehen von unserer mitgebrachten Erkältung) fit und überlegen schon, wo die nächste Tour hingehen könnte.


Die Karte mit unserem Routenverlauf lässt sich in einem eigenen, größeren Fenster öffnen (dafür auf das Symbol oben rechts klicken). Wie üblich kann man beliebig rein-/rauszoomen. Die einzelnen Streckenabschnitte sind anklickbar; so lassen sich weitere Informationen zum jeweiligen Abschnitt anzeigen.

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