Kurztrip nach Spitzbergen

Nun beginnt die Saison der vielen (meist Dienst-) Reisen, deswegen will ich noch mal schnell über meinen dreitägigen Kurztrip nach Spitzbergen berichten. Die Vertreter meiner Gewerkschaft in der norwegischen Erdöldirektion bemühen sich fleißig um Mittel für eine jährliche Weiterbildung ihrer Mitglieder. In diesem Jahr wurden die Regeln für derartige Weiterbildungen etwas verschärft: Sie dürfen nun nicht mehr im Ausland stattfinden. Aber meine Kollegen sind ja schlau – ihnen fiel ein, dass das Königreich Norwegen ja groß ist, und so entlegene Gebiete wie das Königin-Maud-Land in der Antarktis oder die Bouvetinsel im Südpolarmeer umfasst. Oder eben auch Spitzbergen, und diese Inselgruppe ist (flug-) verkehrstechnisch auch ganz gut an „Festlandsnorwegen” angeschlossen.

Spitzbergen aus der Luft

Dienstag flogen wir über Oslo und Tromsø nach Longyearbyen, der (norwegischen) Hauptstadt der Inselgruppe (die übrigens auf Norwegisch Svalbard heißt; „Spitsbergen” ist lediglich der Name der größten Insel). Wir übernachteten in Mary-Ann’s Polarrigg, umgebauten ehemaligen Baracken für Kohleminenarbeiter. Das Hotel hat einen sehr rustikalen Charme, aber das Essen war wirklich superlecker – kurz nach der Ankunft bekamen wir als verspätetes Mittagessen bereits ein sahniges Wal-Seehund-Gulasch serviert. Im Anschluss daran wurden wir von Vibeke Holtskog einige Stunden lang zum Thema „Effektivität und Zeitmanagement” geschult. Und dann ging’s in die (wahrscheinlich) beste Kneipe auf Spitzbergen: Kroa.

Picknick unter dem Gletscher

Am nächsten Tag ging die Schulung weiter mit dem Thema „Die Kunst, sich mit dem Kopf und dem Herzen selbst zu führen”. War tatsächlich interessanter, als es klingt ;-).

Nach dem Mittagessen (Walbraten) hatten wir die Möglichkeit, an Freizeitaktivitäten teilzunehmen. Im Angebot waren Hundeschlitten- oder Schneemobilfahrt und eine Eisgrottentour. Ich habe mich für Letzteres entschieden – ein „once-in-a-lifetime”-Erlebnis (hoffe ich) … Bekleidet mit u.a. sechs Hosen und zusammen mit drei Kollegen und einem bewaffneten Führer (wegen der Eisbären darf man Longyearbyen nicht ohne Schusswaffe verlassen) wanderten wir zunächst über eine Endmoräne zum nahegelegenen Gletscher Larsbreen. Das klingt wie ein Spaziergang, hatte es aber in sich: Mit Steigeisen sind 500 Höhenmeter zu überwinden. Oben angekommen lässt man sich in ein stockdunkles Kaninchenloch im Schnee ca. 10-15 m hinab und wandert dann durch den Schmelzwasserkanal im/unter dem Gletscher hinab. Stellenweise muss man an Seilen oder Strickleitern einige Abhänge überwinden. Es ist dort dunkel, still, und mit -4 °C bei totaler Windstille auch recht warm. Nach 100-150 Metern machten wir ein kleines Picknick, bevor wir schließlich den Rückweg antraten. Der war wirklich eine Herausforderung, denn der Eiskanal ist stellenweise extrem schmal. Runter ging es ja, weil man an dem rutschigen Eis entlangglitschte, aber hoch … und dann noch an einem Seil kletternd … ich blieb 3x so sehr mit den Schultern, den Hüften und dem Rucksack stecken, dass ich dachte, ich komme da gar nicht mehr raus. Ich war fix und fertig, als ich endlich wieder das Tageslicht sah. Bilder gibt es leider auch nicht, da meine Kamerabatterie schon auf dem Hinweg bei -14 °C sofort leer war. Unser Abendessen im Kroa hatten wir uns redlich verdient.

Am dritten Tag erklärte uns der Gewerkschaftsrepräsentant Kjetil Mørk die Rolle der Vertrauensfrau/des Vertrauensmannes. Wir bekamen gute Tipps für z.B. Gehaltsverhandlungen, Kündigungen etc. Mittags gab es eine richtig leckere Trockenfischsuppe. Gegen 13 Uhr wollten wir uns dann zum Flughafen aufmachen, aber sukzessive tickerten SMS von unserer Fluggesellschaft SAS ein, die eine immer spätere Abflugzeit ankündigten. Es stellte sich heraus, dass der Flughafen in Oslo wegen heftigen Schneefalls 2 Stunden geschlossen war, und entsprechend der gesamte Flugverkehr in Norwegen durcheinandergeraten war. Wir verzogen uns mit unserem Gepäck schließlich in die Bar des größten Hotels in Longyearbyen, damit wir auf jeden Fall den Shuttle-Bus zum Flughafen erwischen konnten. Inzwischen kam auch auf Spitzbergen Sturm auf. Bis zum Schluss war es wegen starken Seitenwindes und vereister Landebahn unsicher, ob überhaupt ein Flugzeug landen kann.

Flughafen Gardermoen: „Get lost – life is a journey”

Gegen Abend konnten wir endlich losfliegen; über Tromsø kamen wir gegen Mitternacht endlich nach Oslo, bzw. zum Flughafen Gardermoen, wo dann gar nichts mehr ging. Unser Weiterflug nach Stavanger wäre eh weg gewesen, wurde aber sowieso eingestellt. Hotels in der Nähe waren alle ausgebucht; wir waren zusammen mit Tausenden anderen auf dem Flughafen gestrandet. Auf jedem Gepäckband schliefen Leute, und in der Schlange vor dem (geschlossenen) SAS-Schalter lagen schon einige hundert Menschen. Wir haben die Nacht vor der (ebenfalls geschlossenen) Security-Schleuse durchgemacht, aber immerhin konnten wir uns um 2 Uhr nachts von unserem Reisebüro auf den ersten Flug nach Stavanger buchen lassen; da hatten wir den anderen Gestrandeten gegenüber einen riesigen Vorteil. Der Flug war dann auch noch mal einige Stunden verspätet, aber gegen 11:00 war ich (und mein Gepäck sogar auch!) endlich zu Hause – total groggy und mit Ganzkörperschmerzen nahm ich den Tag dann auch noch frei.

Ich freue mich schon auf unser Gewerkschaftsseminar im nächsten Jahr – das aber hoffentlich weder auf der Bouvetinsel noch in der Antarktis stattfindet … (ach Quatsch, wieso eigentlich nicht!?!)

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