Inzwischen habe ich die ersten zwei Wochen im neuen Job in der norwegischen Erdöldirektion verbracht. Es ist irre viel zu tun; kein Wunder, dass sie 10 neue Mitarbeiter in einem Rutsch eingestellt haben! Innerhalb von zwei Wochen habe ich ganze 12 Überstunden angehäuft – und das, ohne dass es wehtat. Bisher macht mir die Arbeit großen Spaß; ich lerne wahnsinnig viel, sitze im Schnitt täglich in zwei Kursen oder fachlichen Meetings, übernehme aber auch viele konkrete Aufgaben. Die erste „richtige“ Aufgabe ist auch gleich eine wirklich verantwortungsvolle und zeigt, dass man mir volles Vertrauen entgegenbringt. Anfang September war Antragsfrist für neue Lizenzen auf dem norwegischen Kontinentalschelf, und eine Rekordanzahl an Anträgen von 47 verschiedenen Erdöl-/Erdgasfirmen ist bei uns eingetrudelt. Diese Anträge werden nun im Detail gelesen, die vermuteten Erdöl-/Gasfunde auf ihre Plausibilität geprüft, das geplante Arbeisprogramm evaluiert, und schließlich für jeden Antrag ein Gutachten verfasst. Auf Basis unserer Empfehlung entscheidet dann das norwegische Erdöl- und Energieministerium, welche Firmen Lizenzen bekommen sollen (gut, gelegentlich folgt das Ministerium nicht unserer Empfehlung, weil politische Gründe schwerer wiegen). Es ist insgesamt ein heftiger bürokratischer Prozess, der auch noch der völligen Schweigepflicht unterliegt. Man darf nicht mal mit Kollegen über die Anträge sprechen – kein Wunder bei den Milliardensummen, die da auf dem Spiel stehen.
Das Gebäude der Erdöldirektion ist übrigens erst ein paar Jahre alt und entsprechend durchgestylt. Es wirkt vielleicht etwas kühl, aber insgesamt finde ich es sehr gut gelungen. Vollgestopft mit modernster Klima- und Kommunikationstechnik und mit sehr serviceorientierten Hausmeistern und IT-Leuten ging der Einstieg in die Arbeit wie auf Schienen. Auf Kommunikation wird generell sehr großer Wert gelegt, daher gibt es viele Möglichkeiten, sich für einen Plausch mit Kollegen niederzulassen. Vor allem drei Lichthöfe haben es mir angetan, die vom Architekten mit bunten REM-Bildern von Mikrofossilien geschmückt wurden. Da geht mir ehemaliger Mikropaläontologin natürlich das Herz auf. Übrigens haben wir auch ein Rasterelektronenmikroskop; es ist zwar nicht so gut, wie ich gewohnt bin, aber dafür ist es (fast) narrensicher und wartungsfrei. Mal gucken, ob ich in Zukunft vielleicht ein bisschen mit dem Gerät spielen darf 😉
Erwähnenswert ist im Zusammenhang mit der Erdöldirektion auch das Kernlager im Hause. Insgesamt lagert dort 138 km Kernmaterial vom norwegischen Kontinentalschelf, in 1600 Bohrungen an die Erdoberfläche geholt. Jeder Meter Kern hat etwa 100.000 norwegische Kronen an Bohrkosten verschlungen. Die Kerne können von Geologen untersucht werden, aber es gibt auch ein Archiv mit Bohrklein („Cuttings“) aller Bohrungen. Dieses Archiv wird nicht angetastet; es soll in späteren Jahrhunderten zukünftigen Generationen die Möglichkeit bieten, den Untergrund zu untersuchen – in einer Zeit, in der es in Norwegen kein Öl mehr gibt, und deswegen auch keine Bohrungen mehr zum Verständnis des Untergrundes beitragen können.
Danke für den Bericht und weiter so!
Hallo! Schön, dass es Dir so gut gefällt! Das Institut macht aus der Ferne auch einen sehr guten Eindruck. Wir wünschen Dir viel Erfolg bei der neuen Aufgabe.
Elsa & Hardy